In unserem Gespräch hat Karl Schnabel einmal mehr seine kompromisslose Haltung und Ehrlichkeit im Umgang mit dem Kulturgut Wein bewiesen. Das Interview mit Karl ist eine angepasste Fassung von einem langen und sehr aufschlussreichen Telefonat.
Ihr beide habt euch in den 90er Jahren für zwei Jahre ins Burgund begeben, um euer Weinverständnis zu vertiefen. Welche Einsichten oder Inspirationen haben euch dabei nachhaltig geprägt, die am Ermihof heute praktiziert werden?
Karl Schnabel: Die Erfahrungen im Burgund waren für uns von großer Bedeutung. In den 70er Jahren begann das moderne Denken, technologische Fortschritte und dergleichen einzubeziehen. Hätten wir uns nicht im Burgund aufgehalten, hätten wir den Weinbau möglicherweise nach vorgegebenen Richtlinien, wie sie beispielsweise in Klosterneuburg und Geisenheim praktiziert werden, betrieben. Doch im Burgund haben wir das Bewusstsein entwickelt, dass es letztlich nur um die Trauben geht. Die Franzosen haben niemals das Fundament der alten Traditionen in der Landwirtschaft verloren. Diese Erkenntnis hat uns bestärkt und in die richtige Richtung gelenkt.
Natürlich wurde im Burgund teilweise auch konventionell im Weinberg gearbeitet. Was mich jedoch nachhaltig beeindruckt hat, war die Vinifikation im Keller, wo keinerlei Eingriffe vorgenommen wurden. Dort wurden manuelle Pigeagen in riesigen Gärbehältern durchgeführt. Dieser Prozess hat mich tief geprägt und ist bis heute eine wichtige Inspiration für uns am Ermihof.
Was macht für euch einen großen Wein aus? Oder was ist euch persönlich wichtig bei einem Wein?
Karl Schnabel: Über Geschmack kann man nicht streiten, das ist total subjektiv. Wein soll bekömmlich und nachhaltig produziert worden sein.
Für mich persönlich sind es 3 Säulen: Geschmack, Bekömmlichkeit, Produktion (Nachhaltigkeit)
Hat der Klimawandel Einfluss auf euren Weinbau und ändert dies auch Dinge in eurem Schaffen?
Karl Schnabel: Wir sind Anhänger der physiologischen Reife und ernten relativ spät aufgrund der Höhe und dem Klima – in diesem Sinne stört es mich nicht, was mich stört, ist aber die Unberechenbarkeit. Spätfrost gab es in der Steiermark nicht, 2016 kam er dann plötzlich, das hat uns enorm überrascht und erwischt. Das Klima wird unberechenbarer. Grundsätzlich bestärkt der Klimawandel eigentlich meinen Weinbau.
Was hat dich und Eva dazu veranlasst, in Richtung Biologisch / Biodynamisch / Naturwein zu gehen?
Karl Schnabel: Wir waren nie konventionell, auch mein Vater hat immer schon biologisch gearbeitet, von allein hätte er das nie gesagt, aber wir haben immer schon so gearbeitet. Am Ermihof gab es immer schon Tiere im Weinberg und somit war auch die Kreislaufwirtschaft gegeben. Wir mussten nicht konvertieren, wir haben immer schon biologisch / biodynamisch gearbeitet.
Gibt es Learnings oder Einsichten hinsichtlich der Weinerzeugung oder des Wein-Business, die ihr gerne schon zu Beginn eurer Karriere gehabt hättet?
Karl Schnabel: Wir haben nie Trends verfolgt und sind immer schon unseren eigenen Weg gegangen. Ich hab aber früh erkannt, dass Limonaden Weine nicht das non plus ultra sind. Es wird immer von Herkunft geredet, ob Sauvignon von Neuseeland oder Südafrika, das schmeckt ja alles gleich.
Was das Business betrifft, waren wir anfangs etwas naiv. Viele versuchen die Naturweinszene auszubeuten. Grundsätzlich würde ich sagen, dass wir am richtigen Weg sind. Damals wurde ich vom Gault Millau zum Ausnahme Winzer gekürt, die Frage war dann, wo ich mich in 10 Jahren sehe. In 10 Jahren ist mein Wunsch, dass wir alle wieder im gleichen Boot sitzen und uns gemeinsam dem Kulturgut Wein widmen, indem wir gemeinsam in die gleiche Richtung gehen und sicherstellen, dass alle Weine auf hohem Niveau produziert werden.
Lieber Karl, herzlichen Dank für's Interview!